Somerled MacGillebride

Wer ist dieser Mann? Hat es ihn wirklich gegeben? Wer war er, wie war er, was hat er getan, und welche Spuren hat er hinterlassen?


Halb verloren im Nebel der Zeit ...

 

Die erste bis heute überlieferte Erwähnung eines Kriegsherrn namens Somerled findet sich erst im Jahre 1153. In jenem Jahr unterstützte er die Söhne des Thronprätendenten Malcolm macAlexander in ihrer Rebellion gegen den schottischen König. Die Rebellion war erfolglos, und danach widmete sich Somerled wieder der Herrschaft über die Inselwelt westlich von Britannien, die wir heute als die Hebriden kennen. Das war seine Welt, hier war er geboren, hier hatte er seine Gefolgsleute. Doch ein großer Teil dieser Welt befand sich zu jenem Zeitpunkt noch unter der Knechtschaft seines Schwagers Gudred Olavesson, der als Tyrann galt.

Durch Somerleds Heirat mit Ragnhild, Halbschwester von Gudred und ebenfalls Tochter des schon zu Lebzeiten fast legendären Königs Olave von Dublin und Man, hatten Somerleds Söhne einen im Blut besiegelten Anspruch auf diese Welt, und Somerled war fest entschlossen, die Inseln komplett unter seine Regentschaft zu bringen.





Somerleds Nachfahren


Der Mann aus dem Nichts

Nun, nicht ganz. Doch Somerleds Herkunft, wie seine gesamte Geschichte, sind nur sehr dürftig dokumentiert. Viele der Quellen, aus denen wir heute Informationen über ihn beziehen, sind nicht besonders zuverlässig und zeichnen ein verklärtes, über die Jahrhunderte verzerrtes Bild. Somerled, auch wenn er zweifellos tatsächlich gelebt hat, muss in vielen Dingen heute ins Reich der Legenden verbannt werden. Kein schlechter Ort!

Er dürfte um ca. 1110 geboren worden sein. Sein Vater hieß Gillebride und war ein kleiner Stammeshäuptling an der schottischen Westküste. In Fehden mit seinen Nachbarn verlor er sein Land. Somerled war teils irischer, teils skandinavischer Herkunft. Welches seiner Elternteile aus welchem Kulturkreis stammte, lässt sich heute natürlich nicht mehr sagen. Moderne DNA-Forschungen zeichnen ein Bild, das darauf hinweist, dass er väterlicherseits skandinavische Vorfahren hatte - doch der Name seines Vaters war eindeutig Gälisch. Es muss wohl so gewesen sein, dass Somerled bereits aus einem Kulturkreis stammte, in dem sich über Jahrhunderte das Blut der Gälen mit dem der Wikinger gemischt hatte.

Über seine Kindheit und Jugend ist nichts bekannt. Doch da es ihm später gelang, seine Heirat mit einer Tochter des Königs von Dublin durchzusetzen, und weil auch eine Schwester von ihm mit einem Sohn eines schottischen Königs verheiratet war, darf man davon ausgehen, dass Somerled keiner unwichtigen Familie entstammte.

Vor seiner um 1140 geschlossenen Ehe mit Ragnhild Olavesdatter zeugte Somerled mit einer heute unbekannten Frau mindestens einen Sohn, je nach Quelle Gillecolm oder Callum genannt. Auch wenn dieser Sohn lediglich in der Niederschrift zu Somerleds Tod auftaucht, was bedeutet, dass er keinerlei Anrecht darauf hatte, seinen Vater zu beerben, so kann man davon ausgehen, dass es sich bei ihm um einen der wichtigsten Vertrauten seines Vaters handelte. Denn Callum starb im Jahr 1164 an der Seite seines Vaters in der Schlacht bei Renfrew.

Zum Zeitpunkt seines Todes hatte Somerled die westlichen Inseln Britanniens unter seiner Herrschaft geeint. Doch in jener Gegend gab es zu jener Zeit (noch) nicht das System der Erbfolge, wie es weiter östlich unter französischem Einfluss eingeführt worden war. Nicht der älteste Sohn sollte Somerled beerben, sondern der beste - und er hatte vier legitime Söhne mit Ragnhild! Mindestens drei von ihnen scheinen sich um das Erbe des Vaters regelrecht geprügelt zu haben, und was Somerled zu Lebzeiten erschuf, zerbrach innerhalb weniger Jahre wieder in kleine Königreiche unter der jeweiligen Herrschaft von Dugald, Ranald und Angus. Alle drei Brüder führten häufig Krieg gegeneinander, was sich auch in nachfolgenden Generationen fortsetzte.

Somerled war ein religiöser Mann, der sich dafür einsetzte, dass die keltische Form des Christentums überlebte. Seine Tochter Bethoc (oder Beatrix) wurde Äbtissin auf Iona. Wo Somerled zu Grabe getragen wurde, darüber herrscht Uneinigkeit. Entweder auf Iona, oder in der kleinen Abteil Saddell in Kintyre, die auf seinen Sohn Ranald zurückgeht.



Das Vermächtnis

Was ist geblieben von diesem Mann, außer Berichten, die ins Reich der Legenden gehören?

Viel. Mehr, als man glauben mag. Sein Sohn Dugald wurde der Stammvater der Herren von Argyll im 13. Jahrhundert, und auf ihn geht der mächtige Clan MacDougall zurück. Noch mehr Eindruck hinterließ der zweitälteste Sohn, Ranald. Die Lords of the Isles, die Herren der Inseln, die in den Jahrhunderten nach Somerled diese Gegend beherrschten und sich über Generationen weigerten, sich den Königen von Schottland zu unterwerfen, stammten von Ranald ab, ebenso wie die beiden Clans MacRuairi und MacAlister sowie der bekannteste und mächtigste Clan überhaupt, die MacDonalds.

Doch das ist nicht alles. Seit der Jahrtausendwende werden immer wieder genetische Studien unternommen. Fast die Hälfte aller Männer, die den Nachnamen MacAlister tragen, fast ein Dritter aller MacDougalls und fast ein Viertel aller heute lebenden MacDonalds können ihre Herunft auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückführen. Daraus leitet sich ab, dass Somerled vermutlich 500.000 heute lebende Nachfahren hat! Interessanterweise ist der genetische Marker, der hier gefunden wurde, sehr selten in den gälischsprechenden Gebieten von Schottland, aber ausgesprochen häufig in Norwegen - also geht man davon aus, dass Somerleds Vorfahren väterlicherseits aus Skandinavien kamen.


Du willst mehr erfahren?

Auf der Isle of Skye befindet sich Armadale Castle mit dem "Clan Donald Center". Wie der Name schon sagt, kann man sich dort über die Geschichte des berühmtesten aller schottischen Clans informieren. Doch das Museum im Center widmet sich auch Somerled, dem Stammvater des Clans. Die sehr interessante Ausstellung wird komplettiert durch die Möglichkeit, seine eigene Genealogie zu erforschen (für uns hier in Deutschland wohl eher weniger passend, dennoch interessant), es gibt ein umfangreiches Archiv, spannende historische Parkanlagen (mir persönlich hat es besonders der Rhododendron angetan!) und sogar die Möglichkeit, dort auf dem Gelände eine Ferienwohnung zu mieten - natürlich dekoriert in den Farben von Clan Donald. Wenn schon, denn schon.

Ganz in der Nähe befindet sich übrigens auch das gälischsprachige College "Sabhal Mor Ostaig". Und generell, liebe Leute, die Insel Skye ist IMMER eine Reise wert, ganz gleich, ob man MacDonald heißt oder nicht. Und wenn ihr die Insel besucht, denkt auch mal kurz an Somhairle und Ravna!

Übrigens: Der Name MacKinnon ist eng verbunden mit der Insel Skye (und der Insel Mull). Für all jene, die das gern wissen wollten.